Lange-Weile mit Gott?

 

 

 

„Sind Sie auch bekennender Simultant?“


 „Simul“ heißt gleichzeitig. Der Simultant macht alles gleichzeitig, anstatt eins nach dem anderen zu erledigen. Simultanten telefonieren beim Autofahren, erledigen Börsengeschäfte beim Frühstück, hören während der Bahnfahrt ihre Lieblingsmusik, wobei  sie zeitgleich Emails verschicken, informieren sich während einer Konferenz über die aktuelle Stausituation auf der Autobahn, die neuesten Nachrichten oder über das Wetter für das kommende Wochenende. Während sie die Wohnung putzen oder bügeln, hören sie ein Buch oder sehen fern. Verkehrsbetriebe stellen inzwischen intelligente Wartehäuschen auf, damit die Menschen ihr „nutzloses“ Warten ausnutzen können, um sich am Infoautomaten ihre abendlichen Theater- oder Kinokarten zu besorgen und vieles mehr.

Die Psychologie spricht inzwischen vom „Vergleichzeitigungstrend“ in unserer Gesellschaft, in der immer mehr in die vorhandene Zeit gepackt wird, um den Tag möglichst effektiv zu gestalten und das Optimum aus ihm herauszuholen.

Es gilt nicht mehr „eins nach dem anderen“, sondern „alles gleichzeitig“, nicht mehr das Wort der Bibel „Alles hat seine Zeit“, sondern „Alles zu jeder Zeit“. Man spricht von „Multitasking“ und meint damit das gleichzeitige Be- und Verarbeiten mehrerer Aufgaben. Dabei verlässt der Simultant die bisher gültige Zeitordnung, indem er versucht der Begrenztheit des Lebens durch Vergleichzeitigung zu entfliehen.

Diese Vergleichzeitigung hindert den Menschen aber daran, zu sich selbst zu kommen und im Hier und Jetzt geerdet zu sein. Er wird von der Zeit beherrscht, anstatt sich auf das einlassen zu können, was ist und was ihn trägt. Er verliert die Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit für sich und für die Anderen und letztlich auch seine Beziehung zu Gott. Der Mensch braucht  Zeiten der Ruhe und der Kontemplation, um zu sich zurückzufinden, ganz bei sich sein zu können und so zu Gott zu finden.
Es ist also sinnvoll, sich die Zeit zu nehmen, um über den Umgang mit der Zeit zu reflektieren und sich darüber klar zu werden, was wichtig ist im Leben.

„Wo bleibt in  meinem Leben Zeit, mich auf die Begegnung mit Gott wirklich einzulassen und mich für Gottes heilende und liebende Nähe zu entscheiden, anstatt vor mir und vor Gott davonzulaufen in eine Zeit hinein, die durch Aktionismus einfach nur verrinnt? Wie kann ich eine „Lange-Weile“ mit Gott gestalten?

Darum soll es in diesem Gottesdienst gehen.